Schreibseminare

Schreibseminare können eine wunderbare Bereicherung sein – egal, ob man einen Kurs besucht, ehe man sich mit dem neuen Manuskript beschäftigt, oder während man im Schreibprozess ist.
Vor wenigen Jahren – nach einigen Veröffentlichungen – drängte es mich geradezu in einen Schreibkurs. So sehr, dass ich mich schließlich für zwei Volkshochschulkurse entschied.

Geballtes Wissen gepaart mit guten Übungen

Zwei Schreibseminare an Wochenendtagen bieten gewiss nicht genug, um eine fundierte Aussage über Volkshochschulkurse oder Schreibseminare allgemein zu geben. Nichtsdestotrotz möchte ich darüber berichten.

In beiden Kursen arbeiteten wir in einer überschaubar kleinen Gruppe von maximal zwölf Teilnehmern. Die Altersstufen variieren fast so stark wie die Schreiberfahrung und die Kenntnisse der Teilnehmer. Die Vielfalt war groß. Da war die Studentin, die an ihrem ersten Manuskript arbeitete, die leitende Angestellte, die hauptsächlich Kurgeschichten verfasste, der voll berufstätige Vater, der seine Idee noch nicht realisiert hatte, und Pensionäre, die regelmäßig schrieben. Auch Teilnehmer, die hin und wieder publizierten, fanden sich in einem solchen Kurs.

Mit manchen Leuten kam man gut ins Gespräch, mit anderen noch besser. Kurzgeschichten unter Zeitdruck zu schreiben erwies sich für mich hingegen als eine Herausforderung. Zum einen ist es mehr als fünf Jahre her, dass ich eine Kurzgeschichte verfasst habe, zum anderen empfinde ich es als anstrengend, mir innerhalb kurzer Zeit eine Geschichte auszudenken und sie niederzuschreiben. Auf der anderen Seite setzte die festgesetzte Zeitspanne ungeahnte Kräfte frei.

Schaffenskrise?

Eine nette Gruppe und konstruktive Kritik machten die Schreibseminare zu einem Erfolgserlebnis. Immer wieder ging mir durch den Kopf, dass der Lernprozess praktisch nie abgeschlossen werden kann. Doch selbst wenn ich für mehrere der verfassten Geschichten Lob erntete, plagten mich während des Kurses mehr Selbstzweifel denn je. Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich noch lange nicht weiß, was ich über das Schreiben zu wissen glaubte. Oder dass ich ohne den Austausch mit anderen Autoren nicht wissen kann, was ich über den Schreibprozess längst wissen sollte.

Die Quelle der Inspiration sprudelte ungemein. Gleichzeitig wurde ich mir des Ausmaßes des Schreibens – des damit verbundenen Aufwands, der Anstrengung, der möglichen Erwartung der Leser – wirklich bewusst. Die Erkenntnis ließ das Erzählen einer Geschichte plötzlich zu einem Berg heranwachsen, dessen Bezwingung mich all meine Energie kosten würde. Was mir einst dank Vorarbeit, dank Lese- und Interpretationserfahrung leichter gefallen war, erschien mir zwar als machbar, aber auch als kräftezehrend.

Theorie und Praxis

Im Theorieteil haben wir z. B. ausführlich über die Charakterentwicklung und die Möglichkeiten, Sinneswahrnehmungen darzustellen, gesprochen. Im Team erarbeiteten wir uns literarische Hilfsmittel und setzten uns mit einigen Werken berühmter Schriftsteller auseinander. Es war sehr hilfreich, sich mit Beispielen diverser Epochen zu beschäftigen und Parallelen und Gegensätze zu entdecken.

Die Kurse boten neue Blickwinkel. Dort lernte ich beispielsweise einen weiteren wichtigen Grund für das Dasein der Nebenfiguren kennen. So haben die Nebenfiguren unter anderem die Aufgabe, mindestens einen Charakterzug der Hauptfigur zu enthüllen. Ich bin in mich gegangen und habe mich gefragt, welche Aspekte die Nebenfiguren in Lias Fall in meiner Trilogie zum Vorschein bringen. Annie beispielsweise weckt von Zeit zu Zeit ihren Beschützerinstinkt, Sonja hingegen das Misstrauen und Nel offenbart Lias regelmäßig aufflammende Naivität. Saschas Gegenwart wirkt sich auf verschiedene Weisen auf die Protagonistin aus; zum einen nährt er ihre Gier, zum anderen schenkt er ihr Glauben und Zuversicht, als sie am meisten an sich zweifelt. Und Dorian? Dorian hat zweifellos den größten Einfluss auf Lias Persönlichkeit und fördert diverse Eigenschaften zutage.

Fazit

Gelohnt haben sich die Schreibseminare auf jeden Fall. Nicht nur hatte ich das Vergnügen, neue Menschen kennenzulernen. Darüber hinaus durfte ich Werke großer Schriftsteller analysieren und daraus lernen. Sich die Texte der Teilnehmer und Verbesserungsvorschläge anzuhören bot eine wunderbare Gelegenheit, nützliche Aspekte für die eigene Schreibtätigkeit zu entdecken.

In den beiden Wochenendkursen haben wir uns auf mannigfaltige Art und Weise mit dem Schreibprozess auseinandergesetzt. Natürlich stimme ich dem Leiter zu, der sagte, dass man sich Ratschläge ruhig anhören soll, allerdings für sich entscheiden muss, in welchem Umfang man welche umsetzt. Alles in allem kann ich Schreibseminare wirklich empfehlen und freue mich schon auf die Kurse, die ich im neuen Jahr besuchen werde.

Posted on: 3. Dezember 2019Carolina

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